Über das Thema Burnout lässt sich herrlich streiten. Für manche ist es eine Mode-Diagnose, für andere bittere Realität. Aber was ist dran an der Diagnose Burnout und wie wird sie gestellt?
Der englische Begriff "Burnout" geht auf den amerikanischen Psychotherapeuten Herbert J. Freudenberger zurück, der ihn 1974 prägte und als Problem von Menschen in Sozialberufen erkannte. Gemeint ist ein schleichender Prozess des "Ausbrennens" durch den allerdings impliziert wird, dass Betroffene für ihre beruflichen "gebrannt" haben müssen, um in den Burnout geraten zu können. Der berufliche Kontext ist in diesem Zusammenhang wichtiges Diagnosekriterium. Dennoch: Sucht man in der ICD 10 (International Classification of Deseases, dem klinischen Standardwerk in der aktuellen Ausgabe) nach der Diagnose Burnout, wird man nicht sofort fündig. "Der Burnout" existiert so gesehen nicht, vielmehr handelt es sich um ein Syndrom, also eine Ansammlung verschiedener Symptome, die mit diesem Begriff zusammengefasst werden und unter den sogenannten Z-Diagnosen im Anhang zu finden sind.
Abzugrenzen ist das Burnout-Syndrom von der Depression, die zu (auch plötzlichen) allgemeinen Stimmungs- und Aktivitätsveränderungen führen kann und dabei nicht auf den beruflichen Bereich beschränkt ist. Burnout-Geschädigte haben es nicht leicht: Die Diagnose Z73, unter der der Begriff aufgeführt wird hat den etwas kränkenden Titel "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung" - wer will das schon von sich selbst hören?! Schliesslich haben die Betroffenen "alles" gegeben, was jedoch traurigerweise mit "zu viel" übersetzt werden muss. Denn wer im beruflichen Kontext ständig alles gibt, verausgabt sich oft so stark, dass es für die eigene psychische Balance nicht mehr reicht. Erinnern wir uns: Burnout hat irgendwas mit Stress zu tun!
Was Burnout-gefährdeten Menschen besonders schwer fällt, ist auf sich selbst zu achten. Darauf, genug Freizeit zu haben, für ausreichend positive Sozialkontakte privater Natur und für angenehme Erlebnisse im Alltag zu sorgen - und nicht Opfer des eigenen selbstvergessenen Perfektionismus zu werden. Für Arbeitgeber sind Burnout-Menschen zunächst einmal wunderbar - solange bis sie ausfallen. Klingt zynisch? Ist es auch: Schliesslich leben wir in einer Leistungsgesellschaft. Burnout-gefährdete Menschen können über lange Strecken (eben so lange, wie die psychische und physische Leistungsfähigkeit der ständigen Überforderung standhält) durchaus erfolgreich sein, allerdings können sie den Erfolg nie geniessen. Burnout-gefährdete Zeitgenossen trauen ihrer eigenen Leistung nie, und die therapeutische Frage: "Wann reicht es denn?" verunsichert sie immer. Denn so gesehen reicht es natürlich nie und genau das ist das Dilemma.
Solange man für sich selbst nicht erkannt hat, dass es eine Leistungsgrenze gibt und wo diese liegt, wird man burnout-gefährdet bleiben. Meine Praxiserfahrung zeigt mir, dass burnout-gefährdete Menschen damit oft sehr hadern, es fast als Kränkung erleben. In gewisser Weise sind sie Vertreter einer Höchstleistungsideologie, die fatalerweise zum Selbstzweck verkommen ist. Das zu erkennen ist, wie gesagt, meist äusserst schmerzhaft aber ebenso notwendig, um ein Gegensteuern einleiten zu können. Übrigens: Gerade diejenigen, die tatsächlich ständige Höchstleistungen abliefern sollen (denken wir an Spitzen-Sportler oder Musiker) wissen sehr gut, dass sie mit ihren Ressourcen achtsam umgehen müssen. Wer auf Dauer Hochleistung erbringen will, sollte immer mal wieder auf kritische Distanz zu den eigenen Leistungsansprüchen gehen. Widersinning?! Keineswegs!
Wenn Sie dieser Text neugierig gemacht hat, freue ich mich von Ihnen zu hören. In meiner Praxis biete ich therapeutische Unterstützung bei Stressbewältigung und zur Burnout-Prophylaxe.
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